Friedensnobelpreis 1961: Dag Hjalmar Agne Carl Hammarskjöld

Friedensnobelpreis 1961: Dag Hjalmar Agne Carl Hammarskjöld
Friedensnobelpreis 1961: Dag Hjalmar Agne Carl Hammarskjöld
 
Der schwedische Politiker erhielt den Nobelpreis für seine Arbeit als Generalsekretär der Vereinten Nationen.
 
 
Dag Hjalmar Agne Carl Hammarskjöld, * Jönköping (Schweden) 29. 7. 1905, ✝ bei Ndola (Sambia) 18. 9. 1961; 1941 Präsident der Schwedischen Reichsbank, 1951 stellvertretender schwedischer Außenminister, 1952-53 Leiter der schwedischen UNO-Delegation, 1953-61 UNO-Generalsekretär.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
In die Geschichte der Nobelpreise ist Dag Hammarskjöld als derjenige eingegangen, der als Erster (und bisher Einziger) den Friedensnobelpreis nach seinem Tod erhalten hat. Am 18. September 1961 kam der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UNO) bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Er war auf dem Weg zu einem Treffen mit Moise Tschombé, dem Führer der Separatistenbewegung im Kongo. Hammarskjöld wollte in dem Bürgerkrieg vermitteln, der ausgebrochen war, nachdem die ehemalige belgische Kolonie ihre Unabhängigkeit gewonnen hatte. Das Flugzeug stürzte kurz vor der Landung in Ndola in Nordrhodesien, wo die Konferenz stattfinden sollte, ab. Einen Monat später gab das Nobelpreiskomitee seine Entscheidung für Hammarskjöld bekannt.
 
 Reisender in friedlicher Mission
 
Seine letzte Mission war bezeichnend für die Arbeit des UNO-Generalsekretärs. Als der schwedische Politiker 1953 sein Amt antrat, war die weltpolitische Lage angespannt. Die Supermächte Amerika und Sowjetunion befanden sich im Kalten Krieg, und es war ein gefährliches Wettrüsten im Gang. Dazu ergaben sich Probleme mit dem Ende des Kolonialismus, durch den viele Staaten, vor allem in Afrika, zwar unabhängig geworden waren, jedoch mit erheblichen wirtschaftlichen und politischen Problemen zu kämpfen hatten. Anders als sein eher rustikaler Vorgänger, der Norweger Trygve Lie, begriff Hammarskjöld das Amt des UNO-Generalsekretärs als eine Aufgabe, deren Erfüllung gleichermaßen Diplomatie und Entschlossenheit verlangte. Vor allem aber sah er sich dazu berechtigt, aktiv in internationale Konfliktfälle einzugreifen und nach friedlichen Lösungen zu suchen. So gehört es zu seinen nachhaltigen Verdiensten, die Position des UNO-Generalsekretärs und damit der UNO insgesamt gestärkt zu haben, wovon auch alle seine Nachfolger profitieren konnten.
 
Eine erste Bewährungsprobe stellte sich dem neuen Generalsekretär 1955 in China. Hier hatte er auch die Gelegenheit, ein neues Konzept für die UNO zu erproben: nicht nur auf vorhandene Krisensituationen zu reagieren, sondern dort, wo die internationalen Mächte sich in eine Sackgasse manövriert hatten, für die Weltorganisation Handlungsspielräume zu eröffnen. Ein ernsthafter Konflikt war entstanden, weil das kommunistische China unter Mao Tse-tung elf amerikanische Soldaten, die im Koreakrieg eingesetzt worden waren, gefangengesetzt hatte. Hammarskjöld übernahm die heikle Funktion des Vermittlers. Anfang 1955 reiste er nach Peking und erreichte in zähen Verhandlungen mit Außenminister Tschou En-lai die Freilassung der Amerikaner. Gelungen war ihm dies auch deshalb, weil er die chinesische Regierung auf die Gefahren eines Kriegs mit den USA aufmerksam gemacht hatte.
 
Ein Jahr später bewährte sich Hammarskjöld erneut als Krisenmanager, diesmal in dem Konflikt, der aus der Sperrung des Sueskanals für die internationale Schiffahrt durch den ägyptischen Präsidenten Gamal Abd el Nasser entstanden war. Die von Nasser im Juli 1956 veranlasste Verstaatlichung dieser wichtigen Verkehrsverbindung war der vorläufige Höhepunkt einer schwelenden Krise im Nahen Osten, die von den dauernden Spannungen zwischen den arabischen Staaten und Israel geprägt war. Da die Araber von der Sowjetunion, die Israelis hingegen von den USA und den westeuropäischen Staaten unterstützt wurden, bedeutete die Sueskrise eine schwere Bedrohung für den Weltfrieden. Israel antwortete auf die Herausforderung mit Angriffen auf ägyptische Stellungen im Sinai; Frankreich und England schickten Fallschirmtruppen nach Ägypten. Die Sowjetunion drohte mit einer Beteiligung an den Kämpfen auf Seiten der Ägypter, und Präsident Nasser erklärte, der Dritte Weltkrieg habe begonnen. Dass dieser nicht tatsächlich ausbrach, war das Verdienst von Hammarskjöld. Auf seine Initiative wurde eine UNO-Friedenstruppe nach Ägypten gesandt — der erste Einsatz jener Blauhelme, die seitdem in vielen Krisengebieten der Welt friedensstiftend gewirkt haben. Unter dem Schutz der neutralen Blauhelme zogen Frankreich und England schließlich ihre Truppen aus Ägypten ab.
 
 Freiheit für afrikanische Staaten
 
1957 wurde Hammarskjöld für weitere vier Jahre in seinem Amt als UNO-Generalsekretär bestätigt. Diese zweite Amtsperiode wurde vor allem durch den Kongokonflikt geprägt, der schließlich Hammarskjöld selbst das Leben kosten sollte. Das Schicksal jener vielen Staaten in Afrika, die sich gerade in dieser Zeit von der Herrschaft der Kolonialmächte befreien konnten, war dem Generalsekretär ein besonderes Anliegen. Die UNO sollte nach seinen etwas idealistischen Vorstellungen darauf hinwirken, dass die Afrikaner die neu gewonnene Freiheit dazu nutzen sollten, die Fehler zu vermeiden, die die früheren Kolonialländer in ihren eigenen Staaten begangen hatten. Doch die Wirklichkeit sah anders aus: Nicht nur der ehemals belgisch regierte Kongo, sondern auch andere frühere Kolonialstaaten wurden nach der Erringung der Unabhängigkeit in die internationalen Machtkämpfe verwickelt. Als sich im Kongo unter Tschombés Führung die Provinz Katanga für selbstständig erklärte, schickten die ehemaligen belgischen Kolonialherren Militär ins Land. Ihre Weigerung, einem Beschluss des UNO-Sicherheitsrats Folge zu leisten und das Land wieder zu verlassen, war für den Präsidenten des Kongo, Patrice Lumumba, das Signal, mit einem Eingreifen der Sowjetunion zu drohen. Deren Staatschef Nikita Chruschtschow machte mit einem berühmt gewordenen Auftritt vor der UNO-Vollversammlung in New York im September 1960 deutlich, was er von einer Hilfe der UNO für den Kongo hielt: Mit dem ausgezogenen Schuh auf das Rednerpult hämmernd, forderte er den Generalsekretär zum Rücktritt auf. Hammarskjöld ließ sich nicht beeindrucken, verwandte vielmehr seine bewährte Strategie der persönlichen Kontaktaufnahme und machte sich im September 1961 auf die Reise zu einem Treffen mit Tschombé nach Rhodesien. Der Flugzeugabsturz machte alle Friedenspläne zunichte. Die mysteriösen Umstände des Absturzes geben bis heute Anlass zu Spekulationen. Unumstritten aber ist, dass Hammarskjöld mit seiner Tätigkeit als UNO-Generalsekretär Maßstäbe gesetzt hat.
 
H. Sonnabend

Universal-Lexikon. 2012.

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